Über Biedermeier & Empire Möbel

Louis-seize (circa 1770-1790), Empire (1790-1815) und das frühe Biedermeier (1815-1830) bilden die drei klassizistischen Stilrichtungen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts a.D. in Europa.

Der Klassizismus (circa 1770-1830), im Englischen Neoclassicism genannt, zeichnet sich durch seine klassische, schlichte und zeitlose Ästhetik aus. Er lehnte die pompöse, überladene Einrichtung des vorangegangenen Barocks ab und orientiert sich wieder an den alten Vorbildern der Antike.

Angestoßen durch das Zeitalter der Aufklärung, in dem viele antike, griechische und römische Prinzipien neu entdeckt wurden, sowie durch Expeditionen und Feldzüge Napoleons in entfernte Länder wie Ägypten, wurde Kunst und Architektur in Europa nachhaltig geprägt.

 

Empire (1800-1815)

Inspiriert von der edlen Einfalt und stillen Größe (Winckelmann) der Antike bewirkte dieser Einfluss eine Reduktion der Formen und Konturen in der Möbelkunst auf geometrische Grundformen und Archetypen. Man entfernte sich von den großen, schwulstigen und geschlossenen Garnituren des Barock und Rokoko und entwarf kleine, mobile Gruppen zueinander gehörender Möbel.

Hierbei werden die antiken Stile der Griechen, Römer und Ägypter oft grotesk vermischt. So finden sich z.B. ägyptische Ornamente auf einem Kubus eines Sekretärs, der in seiner Form einem griechischen Tempel ähnelt.

Typisch sind Edelhölzer wie Mahagoni sowie Bronzen, Vergoldungen und korinthische Kapitelle.

Als Ornamente wurden die ursprünglichen Motive an altertümlicher Bauten verwendet wie Akanthusblätter, Lorbeer, Girlanden, Eierstäbe, Kymata und Medaillons.

Dennoch war der sogenannte Style Empire, der vorwiegend vom Adel und gehobenen Bildungsbürgertum in Auftrag gegeben wurde, kein Wohn- sondern ein öffentlich repräsentativer Stil. Im Privaten richteten sich diese noch weit schlichter ein.

 

Biedermeier (1815-1848):

Die Zeit des Biedermeier ist nach den napoleonischen Befreiungskriegen und dem Wiener Kongress (1815) zu verorten. In seiner reinen, klassizistischen Form spricht man hierbei von dem kurzen Zeitabschnitt von 1815 bis 1830. 

In Abgrenzung zum Empire, das als kaiserlich französischer Stil in Paris geschaffen wurde, verbreitet sich mit dem Biedermeier ein deutscher Stil, der nur in deutschsprachigen Ländern und angrenzenden Gebieten verbreitet war. Wien galt hierbei als größtes Zentrum.

In der Architektur des Klassizismus ist vor allem Karl Friedrich von Schinkel zu erwähnen, der klassizistische Bauten in Berlin errichtete, sowie die in Bayern von König Ludwig I. errichteten Gebäuden: Die Walhalla in Donaustauf bei Regensburg und die Befreiungshalle in Kelheim, beide entworfen von Leo von Klenze.

 

Stilmerkmale der Möbel

Alles ist einfach und glatt: nicht Schnitzwerk oder Vergoldung will man mehr (Johann Wolfgang von Goethe in Herrmann und Dorothea, 1797)

Das wesentliche Merkmal der Biedermeier Architektur ist die elegante und schlichte Form. Großer Wert wurde auch auf handwerkliche Qualität gelegt. Die Einzelstücke waren meist Auftragsarbeiten.

Große, glatte Flächen mit schönem Furnierbild, oft spiegelbildlich gesetzt und über die Fronten durchlaufend, betonen die Natürlichkeit der Maserung der Hölzer. 

Schmuckelemente treten zurück und ordnen sich Flächigkeit unter. Die Möbel sind sparsam aber nobel, die Holzmaserung genügt als Dekoration.

Die Oberflächen wurden durch eine Schellack Hand-Politur auf Hochglanz poliert, um eine klare, glasige Oberfläche zu erhalten, die die Holzmaserung des Furnierbildes erst richtig zur Geltung bringt und ihm eine unvergleichliche Tiefenwirkung gibt.

Die schlichte Formgebung wurde oft akzentuiert durch ebonisierte Kanten und Konturen und dem Zusammenspiel von ebonisiertem, schwarzem Holz und hellem Holz wie Ahorn. Auch bei dem Stoffe wurde durch Borten und Keder mit farblichen Kontrasten gespielt.

Durch die geringen Ausmaße der Möbel wirken diese leichter und sind mobiler, was ein kreatives und variables Wohnen erlaubt.

Klare Formen, der Fokus auf die Frontalansicht und heimische Hölzer in hellen, freundlichen Tönen und lebhafter Maserung waren Programm. Man verzichtete bewusst auch teure Stoffe, kostspielige Appliken, exotische Furniere, Marmorplatten, Vergoldungen und üppig geschnitzte Partien.

Einfachheit, Einfalt und Einheit waren die Grundprinzipien guter Gestaltung im frühen 19. Jh., und auch die Autoren der Weimarer Klassik wie Goethe und Schiller fühlten sich zu Einfachheit und Schlichtheit verpflichtet.

Norddeutsche, eher an England orientierte Möbel, sind meist schwerer in ihrer Form und aus Hölzer wie Mahagoni oder Birke gefertigt.

Süddeutsche, eher an Wien orientierte Biedermeiermöbel, sind leichter, schlichter und in hellen heimischen Obsthölzern wie Kirschbaum, Nussbaum, Birnbaum oder Esche gefertigt. Münchner Biedermeiermöbel sind allgemein etwas strenger gebaut als Wiener Erzeugnisse.

Bedeutende Schreinereibetriebe zu seiner Zeit waren beispielsweise Joseph Danhauser in Wien oder die Hofschreinerei Daniel in München.

Die Schreiner waren teilweise bekannt, der Großteil blieb jedoch anonym.

Von Biedermeier spricht man nur im deutschsprachigen sowie im skandinavischen Raum, vorwiegend in Deutschland, Österreich und Dänemark. Die Zeit von 1815-1848 wird in England als Regency und in Frankreich als Restauration bezeichnet. 

 

Biedermeier – ein bürgerlicher Stil?

Die nach dem Wiener Kongress einsetzende Wiederherstellung (Restauration) der aristokratischen Herrschaft deutscher Fürsten wie zu der Zeit vor Napoleons Europafeldzügen, führte dazu, dass weite Teile der Bevölkerung durch eine wirtschaftliche Depression in Armut fielen. Dabei zog sich das Bürgertum in den Städten ins Private zurück (sog. innere Emigration) und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung hatte Teil an der heilen Welt des Biedermeiers. 

Der Fürstenstil des Empires mit seinen kostspieligen Materialien war nicht mehr vereinbar mit der bürgerlichen Denkweise und Armut ab 1815 und führte zu einer Abkehr vom repräsentativen, monumentalen Prunkmöbel zum schlichten, zeitgemäßen Möbel.

Zeitgleich gab es jedoch auch einige konstruktive Neuerungen, die der Möbelkunst zu Gute kamen. Die Auflösung des Zunftwesens erlaubte, dass nicht wie bisher Möbelkonzeptionen nur am Hof, sondern auch durch die Gewerbefreiheit der selbstständigen Schreinermeister auf unternehmerischer Basis geschehen konnte.

Verbunden mit Sehnsucht nach einem neuen Lebensgefühl und künstlerischer Ausdrucksweise beginnt die neue Stilepoche. Das Möbel bekommt eine neue Funktion: Nicht die der Repräsentation, sondern als Mittel zum gemütlichen Wohnen im Kreis der Familie.

Der Adel und das gehobene Bürgertum pflegten zu dieser Zeit eine von der Aufklärung geprägte, vornehme Bescheidenheit, welche sich auch in ihren Privatgemächern widerspiegeln sollte.

Deren Einrichtung der sogenannten „städtischen“ Biedermeiermöbel in Metropolen wie Wien, München, Berlin oder Kopenhagen, trieben den reinen klassizistischen Stil des frühen Biedermeiers bis 1830 hauptsächlich voran. 

Eine Zimmerausstattung in Kirschbaum kostete damals etwa 200 Gulden, was dem Jahresgehalt eines normalen Beamten oder Handwerkers entsprach. Für Normalverdiener und die meisten bürgerlichen Kreisen waren die teuren furnierten Möbel somit nicht erschwinglich.

Wer es bezahlen konnte, leistete sich eine neue Ausstattung im Stil der neuen Bescheidenheit. Diese neue Ästhetik entwickelte sich in Deutschland ungefähr um 1798-1804 und kam in Ausführungen von etwa 1818 bis 1830 zum Tragen. (Ottomeyer, 2006, S. 52).

Obwohl die Forschung Biedermeier oft als bürgerlichen Stil betrachtet, stellte sich später heraus, dass dies nicht zutrifft und Biedermeiermöbel ihren Ursprung in gehobenen Schichten fanden.

Die Möbel und Innenräume der Biedermeierzeit mögen unseren Vorstellungen bürgerlicher Werte zwar entspringen, ihre Formen und Aufteilungen entspringen jedoch dem Wertewandel der höfisch-aristokratischen Welt, die ab dem Ende des 18. Jahrhunderts auch bei uns die ursprüngliche Einheit öffentlicher und privater Sphäre aufgegeben hat und zwei unterschiedliche voneinander getrennte Lebensweisen entwickelte. (Ottomeyer, 2006, S. 62)

Nach 1827 verschwindet der Stil der Sachlichkeit zunehmend. Im Anschluss  an den Vormärz ab 1830 bis zur deutschen Revolution 1848 spricht man vom Spätbiedermeier, in dem bereits neue Techniken angewendet wurden und der Stil wieder verspielter und geschweifter wurde. 

Später, nach 1848, wurden auch Möbel im Stil des Biedermeier (sog. „Zweites Biedermeier“) gebaut, mit teils industriellen Methoden und meist von schlechterer Qualität. Originale Möbel wurden auch bereits erstmalig restauriert und oftmals mit dem später als „Biedermeierstoff“ bezeichnetem, obwohl nicht der originalen Zeit entsprechendem, Stoff bezogen. Auch Bugholzmöbel von Michael Thonet kamen zum Ende der Biedermeier Epoche dazu, als dieser 1842 nach Wien umsiedelte.

Erst nach dieser Zeit, als man im Zuge der Wiener Sezession um 1900 wieder nach einem reinen, aus dem künstlerischen entsprungenen und praktischen Stils suchte, wurde die Epoche als Biedermeier als solche bezeichnet.

 

Wie entstand der Name Biedermeier?

In den Münchner „Fliegenden Blättern“ wurden 1848 von Josef Victor von Scheffel zwei Gedichte mit den Titeln „Biedermanns Abendgemütlichkeit“ und „Bummelmaiers Klage“ veröffentlicht.

Später kombinierte Ludwig Eichrodt zusammen mit Adolf Kußmaul die Namen Biedermann und Bummelmaier zu der gutmütigen aber spießbürgerlichen Kunstfigur „“. Unter dessen Pseudonym veröffentlichten sie ab 1855 in selbiger Zeitung diverse Gedichte, in denen sie zum Teil den Dichter Samuel Friedrich Sauter persiflierten und die vergangene Zeit als gemütliche Biederkeit karikierten.

Der Name „Biedermaier“ wurde ab 1869 zu „Biedermeier“ abgeändert und gab somit nachträglich der Epoche zwischen 1818 und 1848 ihren Namen. Nach 1900 wurde der zunächst negativ konnotierte Begriff Biedermeier eher wertneutral aufgefasst und beschreibt die bürgerliche Kultur der Häuslichkeit. In neuerer Zeit wurde herausgefunden, dass die Kunst- und Architekturströmung des frühen Biedermeiers, welche seiner Zeit weit voraus war, eher aus aristokratischen Kreisen kam und lediglich vom Bürgertum inspiriert wurde.

 

Quellen:

Haaff, Rainer: Das Süddeutsche Biedermeier, Westheim/Pfalz 1991. 

Himmelheber, Georg: Biedermeiermöbel, München 1987. 

Ottomeyer, Hans/Albrecht Schröder, Klaus/Winters, Laurie: Biedermeier – Die Erfindung der Einfachheit, Ostfildern 2006.

Ottomeyer, Hans/Schlapke, Axel: Biedermeier – Interieurs und Möbel, München 1991.

Wikipedia: Biedermeier, 2020, https://de.wikipedia.org/wiki/Biedermeier

 

 

Weiterführende Literatur:

Eller, Wolfgang: Möbel des Klassizismus, Louis XVI und Empire, München 2002.

Haaff, Rainer: Biedermeier Welten – Menschen, Möbel, Metropolen, Germersheim 2009.

Pressler, Rudolf/Döbner, Stefan/Eller, Wolfgang: Biedermeier-Möbel, München 2001.

 

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